Herbst 2023

Im Herbst begann ich mal auszuprobieren, ob ich mit Kohlezeichnungen etwas anfangen kann. Von Anfang an habe ich Portraitfotographien als Vorlage genutzt. Zunächst von Berühmtheiten, später von Unbekannten mit ausdrucksstarken Gesichtern. Warum wurde mir erst einige Monate später klar.

Uns sind unsere Stimmungen und unsere Gefühle quasi ins Gesicht geschrieben. Je heftiger die Emotion desto deutlicher spiegelt sie sich im Gesichtsausdruck wider. Aber auch ganz feine Nuancen des Gemütszustandes wirken sich auf die Mimik aus. Bewußt erkennt das vielleicht nur ein Experte, aber unbewußt ist die Mimik teil unserer Kommunikation. Ohne es beeinflussen zu können, senden Menschen so Signale in die Umwelt aus, die andere wahrnehmen. Sie schätzen andere und ihre aktuelle Stimmung danach ein und bewußt oder öfter auch noch unbewußt fällen sie darauf basierend auch ein Urteil über ihr Gegenüber, ihren aktuellen Zustand, ja vielleicht über die Person an sich. Wir richten sogar unser eigenes Handeln anderen gegenüber nach diesen mimischen Botschaften aus. Wir wenden uns ab oder gehen auf jemanden zu, behandeln ihn mit Empathie oder werden kühl, vorsichtig oder abweisend. Wie wichtig diese Art der Kommunikation ist, wurde mir bei einem Klinikaufenthalt in einer Parkinsonspezialklinik deutlich. Parkinsonpatienten in fortgeschrittenen Stadien verlieren nicht nur die Beweglichkeit ihrer Arme und Beine etc., sondern auch die der Muskulatur des Gesichts. Die Mimik fehlt, das Gesicht wirkt eingefroren, teilnahmslos, desinteressiert manchmal dümmlich. So schlimm es schon für die Betroffenen ist, sich nicht mehr über ihr Gesichts ausdrücken zu können, noch schlimmer ist oft die Reaktion, die die fehlende Mimik bei anderen auslöst. Sie werden oft so behandelt, als seien sie desinteressiert, teilnahmlos oder dement. Dabei verbirgt sich unter der Maske weiterhin ein Mensch mit Emotionen, Intellekt und Interesse an seiner Umwelt.